Wechselausstellung

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5) "Oscar"- Preisträger Willi Burth

Diese Museumsabteilung ist dem großen Kinopionier, unermüdlichen Bastler und Erfinder Willi Burth aus Ravensburg gewidmet, der für seine revolutionäre Erfindung, den "Filmteller",  im Jahre 1988 mit dem Technik- "Oscar" ausgezeichnet wurde. Vorgestellt wird sein Leben in Texten und vielen Bildern. Ein 35mm - Kino- Projektor FP 20 S aus dem Jahre 1958 und der von Willi Burth im Jahre 1970 selbstgebaute "Filmteller 1 - No Rewind" sind Highlights der Abteilung.


Oscar – Preisträger  WILLI BURTH

Willi Burth wurde am 10.9.1904 in Bad Saulgau geboren. Die Eltern hatten ein Textilgeschäft, der Vater ging damals noch zu Fuß übers Land zu den Bauern, um Aussteuerware zu verkaufen. Der 10jährige Willi zeigte seinen Kameraden mit einem Kinderfilmprojektor kurze Filmstreifen, die er aber zu größerer Länge zusammenklebte. Er war sportlich aktiv mit Tennis und, soweit möglich, auch mit Skifahren. Daraus stammte sein Engagement im 'Schneeschuh-Verein', der auch, wie andere Vereine,  Finanzprobleme hatte. Aus diesem Grund arrangierte Willi Filmvorführungen mit Filmen aus den ersten Skifahrten in Vorarlberg in der Turnhalle von Saulgau gegen Eintrittsgeld. Verdunklung und Bildwand konnte er aus dem elterlichen Geschäft beschaffen. Die Vorführungen  entwickelten sich durch den preiswerten Ankauf eines 35mm Filmprojektors, der in einer auswärtigen Projektion mit dem höchst brennbaren Filmmaterial verbrannt war, zum kommerziellen Geschäft. Die Vorführungen fanden noch ohne Ton statt, wurden aber durch einen Pianisten und Geiger zur Untermalung des Filmgeschehens begleitet, später auch mit  Schallplatten auf einem überblendfähigen 2 – Teller - Gerät. In der Inflationszeit kaufte er schließlich vom Filmprojektor – Spezialisten Bauer in Esslingen ein Profigerät für damals 50 Millionen Reichsmark.  Damit begann  ein regulärer Kinobetrieb, der dann auf Grund der großen Besucherzahlen nach einer Erweiterung rief. Im Jahr 1930 eröffnete er deshalb in Saulgau einen modernen Kinoneubau: das OBERLAND THEATER. Bereits im Jahre 1933 überließ er das Kino seinem Bruder Alfons und  kaufte dafür in Ravensburg  ein Kino in der Bachstrasse, das UNION-THEATER (UT). Da er seine Lehrzeit im Textilhandel in Ravensburg verbracht hatte, kannte er die Qualität der Ravensburger Bürgerschaft und erhoffte sich hier größere Geschäfte wie in Saulgau. Der Kinobesuch entwickelte sich so stark, daß er 1937 ein neues großes  Kino bauen ließ, das BURGTHEATER mit 660 Sitzplätzen.  Nach dem zweiten Weltkrieg begann Anfang der 1950er Jahre eine Boomzeit des Kinos. Um die Besucherströme bedienen zu können, eröffnete er 1953 das THEATER  AM FRAUENTOR, damals mit 900 Sitzplätzen das größte Kino Oberschwabens. 1955 wurde durch einen Neubau im Nachbargrundstück eine Erweiterung des Eingangsbereich des Burgtheaters  notwendig. Dabei entstand im Kinofoyerbereich eine Erweiterung, die nach Versuchen mit Fernsehübertragungen schließlich zu einem kleinen Kino wurde. Dieses wurde zunächst mittels eines 16mm-Projektors mit Schmalfilmen bespielt, bis keine aktuellen Filme mehr zu bekommen waren.  Aus der Suche nach einer Lösung für dieses Problem, entsprang die Idee, aus dem darüber liegenden Bürogeschoß mittels eines 35mm- Projektors das Filmbild auf eine Leinwand in den darunterliegenden Raum zu projizieren. So kam es zu der Erfindung des 'Spiegelkanals': ein kleiner Oberflächenspiegel vor dem Projektor warf das projizierte Bild durch einen Kanal am Boden an die Decke des Kinoraums und wurde von dort mit einem größeren Spiegel auf die Kinoleinwand geworfen. Problem 2: Es war kein Platz für die damals übliche Projektion in einem Projektionsraum, so wie damals noch die Kinotechnik mit dem ständigen Wechsel von Filmrolle zu Filmrolle mit 2 Projektoren arbeiten musste und außerdem das ständiges Zurückspulen der einzelnen Filmrollen erforderlich machte. Außerdem waren die Projektoren damals noch mit Kohle-Bogenlampen ausgestattet, welche eine Brenndauer von max. einer halben Stunde hatten.  Weitere Überlegungen zur Lösung dieses Problems: Durch das häufige Zurückspulen der Rollen wurde der Film auch beschädigt, und für jeden weiteren Kinosaal wurde ein spezieller Filmvorführer benötigt. Glücklicherweise wurden die Filme damals schon als nicht brennbarer Sicherheitsfilm geliefert (früher leicht entflammbarer Film auf Nitro-Basis!). So konnten die einzelnen Rollen  zu einem Band von zweieinhalb bis zu viereinhalb Kilometer Länge je nach Film zusammengeklebt werden. Das Gesamtgewicht einer solchen Rolle: ca. 25kg bis 40kg. Diese Menge Film wurde auf eine horizontalen Scheibe mit bis zu 1,4 Meter Durchmesser gelegt. Nach der Installation in diesem neuen kleinen Kino (später STUDIO IM BURGTHEATER genannt) funktionierte die Projektion der Filme dann so: Das Filmband wurde von einer Scheibe abgewickelt, über Rollen durch den Filmprojektor geführt und auf einer zweiten Scheibe wieder aufgewickelt, um nach der Vorstellung wieder von Hand auf die erste Scheibe zurückgewickelt zu werden, was natürlich viel Zeit beanspruchte. Daraus entwickelte Willi Burth seine berühmte Erfindung  des NO - REWIND - FILMTELLERS: Man nimmt aus dem aufgewickelten  Filmpaket den Aufwickelkern heraus und kann dann im inneren Durchmessers des Filmwickels den Anfang des ganzen Films in die Hand nehmen. Durch geeignete  Führungsrollen wird der Film zum Projektor geführt und von diesem weiter zum zweiten Teller zum Wiederaufwickeln. Entscheidend ist nun die Steuerung der Filmteller, denn beim Abspielen wird der innere Durchmesser des Filmpaketes immer größer. Da der Filmprojektor konstant 24 Bilder/Sekunde abspielt (ca. 0,5m/sec), muß sich die Telleranlage entsprechend dem jeweiligen Innendurchmesser langsamer drehen, dazu wurden verschiedene Steuertechniken entwickelt. Nach Ende einer Vorstellung wird der Film, der nun auf der zweiten Scheibe lagert, in gleicher Weise zum Projektor gebracht und nun auf der ersten Scheibe aufgewickelt. Ein Zurückspulen des Films ist daher nicht mehr notwendig.

Diese Erfindung konnte selbstverständlich erst eingesetzt werden, als die Filmprojektoren statt der früheren Kino-Kohlenlampen mit Xenon-Kolben-Lampen mit einer Betriebsdauer von vielen Tausend Brennstunden ausgestattet werden konnten. Nach und nach wurden in allen Burth'schen Kinos diese Anlagen eingebaut. 1969 erfolgte das weltweite Patent für diese Erfindung, welche bis heute in den Kinos aller Länder dieser Erde zu finden ist.

Das Kino boomte in Ravensburg weiter. So wurde im Jahre 1976 das BURGTHEATER zu 3 Sälen umgebaut: BURG 1,2,3. Das STUDIO im Burgtheater blieb. 1979 dann eine zusätzliche Erweiterung mit der BURG 4.

1979 brannte das FRAUENTOR – Kino aus. Nach der Wiedereröffnung zu Weihnachten 1979 blieben weitere Räume ungenutzt. Zum 80.Geburtstag von Willi Burth im Jahre 1988 wurde in diesen Räumen FRAUENTOR 2 und 3 eingeweiht und 1990 in einem Seitenraum des Foyers das FRAUENTOR 4 eröffnet. Im Juli 1998 wurde die Erweiterung des BURGTHEATER begonnen und 4 weitere Kinoräume an der Burgstrasse angebaut. Die Eröffnung des letzten Saales war im Dezember 1999. Die BURG umfasst nun 8 Kinosäle, das FRAUENTOR 4 Kinosäle.

Im fortgeschrittenen Alter von 78 Jahren tüftelte Willi Burth an einer Filmteller -  Anlage, welche die Filme endlos abspielen kann, ohne daß das Filmband neu eingelegt werden muß, also nur eine horizontale Lagerfläche benötigt. 1984 erfolgte die Vorführung dieser neuen Erfindung auf der Photokina in Köln. Für seine Erfindungen  bekam Willi Burth im Jahre 1988 von der "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" einen Technik – „OSCAR“  in Hollywood überreicht  und bekam weitere Ehrungen, wie die Ehrenmedaille der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO), das Bundesverdienstkreuz am Bande und die 'Goldene Leinwand' des Hauptverbandes der Deutschen Filmtheater. Willi Burth  starb am 8.Dezember 2001 in Ravensburg.

Willi Burths Sohn, Dipl.Ing. Axel Burth, welcher nach seinem Studium in den väterlichen Betrieb eintrat, führt die Betriebe seines Vaters erfolgreich weiter.          

Burth Kinobetriebe GmbH & Co KG  AXEL BURTH  2013